Finanzierung in der Krise: „Stoßdämpfer“ und „Schutzschilde“ statt „Bazooka“

Kaum hatten sich die wirtschaftlichen Wogen der Corona-Pandemie zumindest ein wenig geglättet, marschierten russische Truppen in die Ukraine ein. Nicht nur auf Grund dieses Krieges, sondern auch wegen weiterer coronabedingter Verzögerungen im Handel mit China (hier) haben sich die Lieferengpässe nicht – wie erhofft – verringert, sondern zum Teil sogar noch verstärkt (hier). Die anziehende Inflation (hier) tut ein übriges, um die Wachstumserwartungen der deutschen Wirtschaft nicht in den Himmel wachsen zu lassen (s. zur aktuellen Entwicklung hier). Und tatsächlich mehren sich die Stimmen, die vor einer Liquiditätsklemme für die deutsche Industrie im Falle einer Rezession warnen (s. nur hier). Die Augen der Marktbeteiligten richten sich denn auch wieder erwartungsvoll gen Staat, aber der bietet zur Zeit nur schmale Kost:

„Stoßdämpfer“ und „Schutzschilde“ statt „Bazooka“

Während die damaligen Minister Scholz (Finanzen) und Altmaier (Wirtschaft) zu Beginn der Corona-Pandemie noch die mittlerweile berühmte „Bazooka“ zückten und die deutsche Wirtschaft mit Hilfspaketen in bislang ungeahnten Größenordnungen stützten (s. dazu hier), kamen die aktuellen Minister Lindner (Finanzen) und Habeck (Wirtschaft) kurz vor Ostern wesentlich defensiver daher und bezeichneten das aufgelegte Maßnahmenpaket für Firmen, die in Folge des Ukraine-Krieges in Schwierigkeiten geraten, denn wahlweise auch nur als „Stoßdämper“ (hier) oder „Schutzschild“ (hier). Tatsächlich betonten beide Minister, dass das Hilfspaket zwar Härten abfedern solle, aber „die Marktkräfte nicht auflöse“. Neben Liquiditätshilfen (Kredite und Bürgschaften, s. sogleich) sollen „ergänzende, vorsorgliche Maßnahmen“ gewährt werden, die Zuschüsse für hohe Energiekosten für Unternehmen, Kreditgarantien für die Energiewirtschaft sowie in Einzelfällen Eigenkapitalhilfen umfassen können. Seit Anfang Mai sind die beiden ers­ten Pro­gram­me  start­klar:

KfW-Sonderkreditprogramm UBR 2022

Dieses Förderprogramm sieht Förderkredite für mittel­ständische und große Unter­nehmen sowie frei­beruflich Tätige vor, die vom Ukraine-Krieg und den Sanktionen betroffen sind. Es werden sowohl Investitions-, als auch Betriebsmittelkosten übernommen sowie Kosten für Übernahmen und Beteiligungen übernommen. Die Abwicklung läuft über die Hausbank, wobei die KfW 80% des Ausfallrisikos trägt (s. näher dazu hier).

Bürgschaftsprogramme

Die bereits während der Corona-Pandemie eingeführten Erweiterungen bei den Bund-Länder-Bürgschaftsprogrammen werden auf die vom Ukraine-Krieg betroffenen Unternehmen erweitert. Anträge sind seit dem 29. April 2022 möglich (s. hierzu beispielhaft bei der Thüringer Aufbaubank, hier).

Die übrigen Programme sollen bis zum 1. Juni 2022 ausgeplant sein.

Fördertechnisch ist Corona noch nicht vorbei – bis Ende Juni 2022

Die Ampel-Koalition hat ohne viel Aufhebens die diversen Programme der Corona-Wirtschaftshilfen bis Ende Juni 2022 verlängert (s. näher hier). Ebenfalls bis Ende Juni 2022 wurden die Regelungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld verlängert (hier). Auch scheinen Bund und Länder die Fristen zur Rückzahlung von Corona-Beihilfen derzeit zu verlängern. Bereits im letzten Jahr hatte Wirtschaftsminister Habeck entsprechende Regelungen angemahnt (hier) und NRW hat tatsächlich die Rückzahlungsfrist für die Soforthilfe bis zum 30. Juni 2023 verlängert (hier).

Fazit: Schaut man auf die Anteil, den die Wirtschaftsbeziehungen Deutschlands zu Russland am BIP haben (s. hier), insbesondere was das Exportvolumen deutscher Unternehmen nach Russland betrifft, dann ist die Zurückhaltung von Bund und Ländern bei der Auflegung neuerlicher Hilfsprogramme durchaus verständlich. Und energieintensive oder -erzeugende Branchen, die von den Preissteigerungen bei Öl- und Gasbezug in Folge des Krieges besonders stark betroffen sind, sollen ja nach dem Willen der Koalitionäre auch überproportional gefördert werden. Bohrt man allerdings die wirtschaftlichen Daten weiter auf (hier) und schaut auf die Entwicklung in bestimmten Branchen, wie z.B. den Automotive-Bereich (hier), dann schwant einem, dass diese Hilfsprogramme vielleicht doch etwas zu kurz springen.

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