Jahresabschluss 2022: die Krux mit der Polykrise

Grundsätzlich sind die Organe von Kapitalgesellschaften nach § 264 HGB verpflichtet, den Jahresabschluss nach Abschluss des Geschäftsjahres (häufig der 31. Dezember eines Jahres) innerhalb bestimmter – nach Größenklassen gestaffelter – Fristen aufzustellen. Vor dem Hintergrund der aktuell nur schwer vorhersagbaren wirtschaftlichen Entwicklung (s. dazu hier), dürfte dem Jahresabschluss 2022 besondere Bedeutung zukommen. Zumal sich in einer (absehbaren) Krise des Unternehmens diese Fristen – größenklassenunabhängig (!) – erheblich verkürzen können.

So empfiehlt die Bundessteuerberaterkammer in ihren entsprechenden Hinweisen zu Jahresabschlüssen bei Unternehmen in der Krise (s. schon hier, beachte zudem Synopse mit Neufassung aus 2021 hier), dass „die Aufstellung des Jahresabschlusses bei Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlichen Krise befinden, innerhalb von 2 bis 3 Monaten nach dem Schluss des Geschäftsjahres zu erfolgen hat.“ Die Regelung des § 102 StaRUG hat zudem die zudem Rechtsprechung des BGH zu den Warnpflichten von Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern, vereidigten Buchprüfern und Rechtsanwälten (s. zur Haftung der Steuerberater nur hier) in Gesetzesform gegossen. Vor diesem Hintergrund sollte gerade bei Unternehmen, die befürchten, Corona-Hilfen zurückzahlen zu müssen, die Erstellung des Jahresabschlusses erhöhte Priorität genießen.

Bei prüfungspflichtigen Unternehmen droht – im Zweifel schon ohne das Damoklesschwert einer drohenden Rückzahlung von Corona-Hilfen – darüber hinaus spätestens bei der Beurteilung der Fortführungsprognose durch den Abschlussprüfer Ungemach, hat der IDW doch verlautbart, angesichts der Polykrise ein verstärktes Augenmerk auf die Risikovorsorge richten zu wollen (s. näher hier und hier). Nicht vereinfacht wird die Lage dadurch, dass für die Fortführungsprognose im Rahme der Erstellung des Jahresabschlusses nach § 264 HGB grundsätzlich ein Prognosezeitraum von zwölf Monaten gilt, für die Erstellung der Fortbestehensprognose im Rahmen einer Überschuldungsprüfung nach § 19 Abs. 2 InsO dagegen auf Grund der Vorgaben des § 4 Abs. 2  SanInsKG (s. hier und nähere Erläuterungen hier) bis zum 31. Dezember 2022 ein Prognosezeitraum von nur vier Monaten (s. näher dazu den instruktiven Artikel dazu hier). Könnten der Unternehmensfortführung über die nächsten zwölf Monate Zweifel entgegenstehen, so sollte im Zweifel direkt – und rollierend – abgeklärt werden, dass das Fortbestehen des Unternehmens zumindest über die nächsten vier Monate gesichert ist.

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