Studie kritisiert mangelnde Konfliktbereitschaft von Aufsichtsräten

Die empirische „Aufsichtsratsstudie 2017“ der Hochschule Landshut, bei der stichprobenartig Vorstände und Aufsichtsräte von Unternehmen aus den verschiedenen DAX-Standards online befragt wurden, belegt zum einen, dass die früher häufig als fehlend kritisierten formalen Kriterien, wie Fachkenntnisse und Erfahrung, heute in der Regel vorliegen.

Zum anderen wird aber Handlungsbedarf bei Unabhängigkeit und Konfliktbereitschaft der Aufsichtsräte gesehen. Angesichts der in der Öffentlichkeit diskutierten aktuellen Vorfälle bei Volkswagen, Linde oder SAP kein unbedingt überraschendes Ergebnis. Eher ernüchternd ist aber die laut Studie daraus folgende Erkenntnis der Befragten, dass nur wenige Maßnahmen geeignet seien, die Qualität der Aufsichtsräte zu verbessern. Generell wurden als förderlich nur langjährige Erfahrung als Aufsichtsrat und Weiterbildung genannt. Weder „Diversity“ noch eine höhere Vergütung  dagegen werden als potentielle Ansätze gesehen.

Auch wenn das Ergebnis der Studie nicht überrascht, so lässt es doch befürchten, dass auch derzeit wieder viele Entscheidungen in den Konzernen „durchgewunken“ werden, die den „Grundstein“ für zukünftige Unternehmenskrisen legen. Beispiele dürften verschiedene Aktienrückkaufprogramme (vielleicht sogar kreditfinanziert), ehrgeizige M&A-Projekte oder auch gewagte Steuermodelle sein. Wie auch die letzte Finanzkrise zeigte, waren viele der in der Boom-Phase zuvor noch als gute Geschäftsidee geltende Finanzkonstruktionen dann eben doch nicht „krisenfest“.  Tritt dann (was schon aus empirischen Gründen zu erwarten ist) eine konjunkturelle Abkühlung ein, haben die Aufsichtsräte, die „eben“ noch eine gewinnversprechende Transaktion genehmigt haben, natürlich ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn sie dann den Krisenmodus ausrufen. Die Erfahrung zeigt dementsprechend, dass die Aufsichtsräte dann eben nicht die Adenauersche Regel befolgen („Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“), sondern eher noch zu lange am offensichtlich gescheiterten Projekt festhalten. Durch dieses Verhalten wird dann regelmäßig die Krise des Unternehmens noch vertieft.

Ergo: Ein Aufsichtsratsmitglied muss schon bei der strategischen Planung prüfen, ob die anvisierten Ziele und die dafür vorgesehenen Mittel auch im Falle einer schlechten wirtschaftlichen Entwicklung noch adäquat sind – oder, um Jack Welch zu zitieren: „[When planning a strategy you need], importantly, people with a propensity for paranoia – not just what-if-ers, mind you, but worst casers.“ (Jack & Suzy Welch, The Real Life MBA, S. 32).

„Aufsichtsratsstudie 2017“ der Hochschule Landshut

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