Risiko der Mehrfachbelastung bei Patronatserklärung

Mit einem im Januar 2017 ergangenen Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Haftungsumfang bei einer sog. „harten“ Patronatserklärung noch einmal erweitert.

Sachverhalt

Die Klägerin belieferte die spätere Insolvenzschuldnerin, eine Tochtergesellschaft der Beklagten, im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses mit Gas. Zur Absicherung der Zahlungen gab die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Erklärung u.a. mit folgendem Inhalt ab:

Wir, die alleinige Gesellschafterin der [späteren Insolvenzschuldnerin] verpflichten uns hiermit, der [späteren Insolvenzschuldnerin] die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, dass sie ihrerseits den vertraglichen Verpflichtungen gemäß mit Ihrem Haus vereinbarten Zahlungsplan einhalten kann. Die vorliegende Patronatserklärung ist zeitlich bis zum 15.08.2007 befristet.

Nach Abgabe dieser Erklärung lieferte die Klägerin weiter und wurde – zumindest teilweise – auch durch die spätere Insolvenzschuldnerin bezahlt. Nach der Insolvenz focht der Insolvenzverwalter diese Zahlungen der Insolvenzschuldnerin allerdings erfolgreich an. Die Klägerin nahm daraufhin die Beklagte aus der Patronatserklärung in Anspruch.

Entscheidung

Der BGH wertete die Erklärung der Beklagten zunächst als sog. „harte“ Patronatserklärung.

Je nachdem, ob der Patron für die Leistungsfähigkeit des Schuldners verbindlich eintreten will, oder die Erklärung nur einen unverbindlichen Charakter trägt, spricht man von einer „harten“ bzw. „weichen“ Patronatserklärung. „Weiche“ Patronatserklärungen werden beispielsweise abgegeben, um die Unterstützung der Konzernmutter für bestimmte Vorhaben zu demonstrieren. Eine Verpflichtung die Konzerngesellschaft entsprechend auszustatten, soll damit aber gerade nicht begründet werden; es handelt sich vielmehr um reine „Goodwill“ – Erklärungen.

Demgegenüber statuiert die hier vom BGH angenommene harte Patronatserklärung eine rechtsgeschäftliche  Einstandspflicht des Patrons gegenüber dem Adressaten der Erklärung. Der Patronatsgeber übernimmt durch eine harte, rechtsgeschäftliche Patronatserklärung entweder im  Innenverhältnis zu seiner Tochtergesellschaft oder im Außenverhältnis zu deren Gläubiger die Verpflichtung, die Tochtergesellschaft in der Weise auszustatten, dass sie stets in der Lage ist, ihren finanziellen Verbindlichkeiten zu genügen.

Der Verpflichtung, die Tochtergesellschaft in der Weise auszustatten, dass sie stets ihren finanziellen Verbindlichkeiten genügt, entspricht es nicht, so der BGH, wenn sich die von ihr durch eine interne Mittelzufuhr zugunsten der Klägerin veranlassten Zahlungen als anfechtbar erweisen. Vielmehr unterliegt die Beklagte einer Schadensersatzpflicht, weil sich die Forderung der Klägerin im Umfang der erfolgreichen Anfechtung als uneinbringlich erweist. Darum verwandelt sich die von der Muttergesellschaft dem Gläubiger ihrer Tochtergesellschaft erteilte externe Patronatserklärung nach einer Insolvenz der Tochtergesellschaft in eine Pflicht zur Direktzahlung an diesen.

Unter Verweis auf die bereits in einem Urteil aus dem Jahre 2010 für zulässig erklärte Kündbarkeit einer Patronatserklärung führt der BGH weiter aus, dass auch eine Befristung der Patronatserklärung zwar grundsätzlich zulässig sei. Allerdings könne der Patron sich durch die Befristung oder Kündigung der Patronatserklärung nicht der Ausstattungspflicht für den Zeitraum der Wirksamkeit der Patronatserklärung entziehen. Vielmehr habe er für sämtliche während der Laufzeit seiner Erklärung entstandene Verbindlichkeiten auch nachträglich aufzukommen.

Praxistipp

Die Entscheidung verdeutlicht das möglicherweise bestehende doppelte Haftungsrisiko für den Patron: stellt er – etwa weil  schon Liquiditätsschwierigkeiten bestehen – der Tochtergesellschaft neben der Patronatserklärung auch noch direkt Mittel zur Begleichung der Rechnungen zur Verfügung, trägt er nach einer erfolgreichen Anfechtung der weitergeleiteten Zahlung durch den Insolvenzverwalter der Tochtergesellschaft das Risiko, die Zahlung erneut erbringen zu müssen.

Obwohl auch hier nicht alle Insolvenzrisiken ausgeschlossen werden können, bietet sich zumindest in der hier geschilderten Konstellation für das Mutterunternehmen unter Umständen eine direkte Zahlung auf die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft an. Der Beschluss zeigt zudem erneut die Erforderlichkeit einer umfassenden Sanierungsplanung auf – und sei es auch nur, um die Anfechtungsrisiken im Falle einer gescheiterten Sanierung zu minimieren.

 

BGH, Beschl. v. 12.01.2017 – IX ZR 95/16

BGH, Urt. v. 20.09.2010 – II ZR 296/08

 

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