Unternehmensfinanzierung: Sale-and-Lease-Back

Nicht nur in der akuten Krise genießt die Sicherung der Unternehmensfinanzierung, insbesondere die der Liquidität, höchste Priorität. Ein Blick hinter diese – zumeist mit gewichtiger Miene vorgetragene unternehmerische Binsenweisheit – offenbart aber sofort ein scheinbar unlösbares Dilemma: Gerade das fortgeschrittene Stadium der Unternehmenskrise ist geprägt durch permanenten Liquiditätsmangel. Diesen nachhaltig zu beheben, könnte nur gelingen, wenn (kostenintensive) Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet werden, die aber wieder Liquidität benötigen, welche wegen der Krise gerade nicht vorhanden ist. Wie also nun diesen gordischen Knoten durchschlagen?

Rechtliche Struktur

Eine Möglichkeit der Liquiditätsgenerierung kann darin bestehen, Betriebsvermögen zu veräußern und den Kaufpreis als Liquiditätspolster zu vereinnahmen. Allerdings besteht bei der Veräußerung betriebsnotwendigen Vermögen offensichtlich das Problem, den Geschäftsbetrieb gleichwohl aufrecht erhalten zu können. Als praxisgerechter Baustein für die Restrukturierung und Sanierung hat sich mittlerweile die sog. „Sale-and-Lease-Back“-Finanzierung etabliert.

Aus rechtlicher Sicht besteht die „Sale-and-Lease-Back“-Finanzierung prinzipiell aus zwei voreinander getrennten Verträge: einmal der Verkaufsvertrag bezüglich des Vermögenswertes, mit dem der Verkäufer das Objekt an den Käufer veräußert („Sale“) und dann der Leasingvertrag, mit dem der Käufer nunmehr als Leasingnehmer die Nutzungsrechte am Vermögenswert vom jetzt als Leasinggeber agierenden Käufer im Rahmen eines Leasingvertrages erwirbt („Lease Back“). Häufig werden derartige Verträge mit einem Rückkaufsrecht verknüpft, so dass der Leasingnehmer das Eigentum zu einem späteren Zeitpunkt wieder erwerben kann.

Gegenstand eines solchen Sale-and-Lease-Back Vertrages können grundsätzlich alle materiellen und immateriellen Rechte sein, die das Unternehmen inne hat. In der Praxis häufig anzutreffen sind Sale-and-Lease-Back Verträge über den Maschinen- oder Fuhrpark eines Unternehmens, aber auch Immobilien können auf diesem Wege zur Liquiditätsgenerierung beitragen. Auf Grund der fortschreitenden Digitalisierung werden sind Sale-and-Lease-Back Verträge über Marken oder andere immaterielle Rechte des Unternehmens auch nicht mehr ganz so selten.

Transaktionskosten

Dem Liquiditätsgewinn bei einer Sale-and-Lease-Back Konstruktion stehen allerdings zumeist nicht unbeträchtliche Transaktionskosten gegenüber: Die Kosten für Wertermittlung und Verträge wird der Käufer/Leasinggeber neben den eigentlichen Leasinggebühren auf den Verkäufer/Leasingnehmer überwälzen. Und allein schon die eigentlichen Leasinggebühren können sich im Bereich von zehn Prozent und mehr des Wertes des verkauften Vermögenswertes bewegen. In der Krise des Unternehmens werden die entsprechenden Risiken des Käufers/Leasinggebers natürlich als zusätzlicher Risikoaufschlag in die Bemessung der Leasingraten Eingang finden (dazu sogleich unten). Derartige Konstruktionen machen dementsprechend nur bei einem höherwertigen freien Vermögen Sinn. Als Refinanzierungsinstrument für kleinere Unternehmen oder Dienstleister, scheidet Sale-and-Lease-Back damit regelmäßig aus. Aber auch bei größeren Unternehmen ist der Gesamtfinanzierungseffekt nach den Transaktionskosten genau zu prüfen.

Steuerliche Folgen

Neben der Analyse der Transaktionskosten ist aber auch eine Bewertung der steuerlichen Folgen einer Sale-and-Lease-Back Finanzierung empfehlenswert: Aus steuerlicher Sicht die Veräußerung des Wirtschaftsgutes grundsätzlich einen ertragswirksamen Vorgang dar, der also steuerbar ist. Erfolgt Veräußerung im Rahmen der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes, dann kann der hierdurch entstehende Gewinn kann aber möglicherweise nach § 3a EStG erlassen werden. Demgegenüber besteht wegen des Fehlens eines entsprechenden Sanierungsprivilegs keine Möglichkeit der Grunderwerbssteuer bei Immobilientransaktionen zu entgehen, so dass in solchen Fällen ggf. steuermindernde Schritte in Form des Belassens von bestimmten Eigentumsanteilen beim Veräußerer angezeigt sein können. In Bezug auf die umsatzsteuerrechtliche Bewertung entschied der BFH bereits 2016, dass – je nach konkreter Vertragsgestaltung – eine umsatzsteuerfreie Kreditgewährung an den Verkäufer/Leasingnehmer vorliegen könne.

Sale-and-Lease-Back in der Krise

In der Krise des Unternehmens bestehen aus Sicht des Käufers/Leasinggebers über den normalen Geschäftsverlauf hinausgehende Risiken: So entschied der BGH in 2013, dass beim Immobilienleasing die speziellen Regelungen der InsO über die Kündigungsmöglichkeiten von Mietverträgen in der Insolvenz anzuwenden seien, mit der Folge, dass ein etwaig später bestellter Insolvenzverwalter über das Vermögen des Verkäufers/Leasingnehmers den Leasingvertrag mit einer kurzen Frist von drei Monaten kündigen kann. Bei Leasingverträgen über bewegliche Gegenstände kann sich der Insolvenzverwalter noch schneller über die Erklärung der Nichterfüllung des Leasingvertrages lösen.

Ist der Kaufpreis schon geflossen, führt eine solche kurzfristige Kündigung gerade zu Beginn der Laufzeit eines Leasingvertrages natürlich zu massiven finanziellen Einbußen des Leasinggebers. Zwar dürfte er Eigentümer des Vermögenswertes geworden sein. Selbst wenn der Insolvenzverwalter den Kaufvertrag nicht anfechten kann, so trägt der Käufer/Leasinggeber doch das Verwertungsrisiko am gekauften Gegenstand. Problematisch wird die Situation für den Käufer/Leasinggeber auch dann, wenn der Verkäuferin/Leasingnehmerin gar kein Kaufpreis zufließt, etwa wenn zwischen den Parteien noch ein Darlehensvertrag abgeschlossen wird, der es dem Käufer/Leasinggeber ermöglicht, den Kaufpreis mit den später fällig werdenden Leasingraten zu verrechnen. Diese Situation lag einer Entscheidung des OLG Frankfurt/Main aus dem Jahre 2010 im Rahmen einer Sale-and-Lease Back Finanzierung zu Grunde. Dabei hatte ein Konzernunternehmen seinen Fuhrpark an eine Gesellschaft veräußert, deren alleinige Gesellschafterin die Konzernmutter war. Das OLG Frankfurt sah in dieser Konstruktion (die in der Krise des Unternehmens erfolgte) eine unzulässige Auskehr von Stammkapital der Gesellschaft und erklärte die Übereignung des Fuhrparks wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung für anfechtbar.

Fazit

Sale-and-Lease-Back Transaktionen sind prinzipiell ein probates Mittel zur  Liquiditätsgenerierung im Unternehmen. Vor Abschluss sollte die Geschäftsführung allerdings die Kosten und Risiken einer solchen Transaktion auch im Hinblick auf steuerliche Konsequenzen und Risiken im Falle der Insolvenz prüfen. Auch wird eine Sale-and-Lease-Back Finanzierung isoliert regelmäßig nicht zur Rettung führen, sondern nur eingebettet in ein umfassendes Sanierungskonzept als Baustein zu einer nachhaltigen Sanierung des Unternehmens fungieren können.

BGH, Urt. v. 25. 4. 2013 – IX ZR 62/12
BFH, Urt. v. 06.04.2016 – V R 12/15
OLG Frankfurt/M., Urt. v. 14.7.2010 – 17 U 239/09

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