EU: Präventiver Restrukturierungsrahmen – der Vorhang hebt sich

Nachdem vor knapp drei Monaten der letzte Artikel zu dieser Thematik mit der Wendung „Mit Ergebnissen [der Trilog Verhandlungen] wird dementsprechend im März 2019 gerechnet.“ endete (hier), zeigten die Institutionen der Europäischen Union Sprintfähigkeiten:  So wurde völlig überraschend der sog. „Trilog“ zwischen Kommission, Rat und Parlament bereits am 19. Dezember 2018 mit einem Kompromiss beendet.

Gegenüber der ursprünglichen Position des Rates aus dem Oktober 2018 enthält der Kompromissvorschlag einige Änderungen: 

  • Arbeitnehmerrechte sollen von einem präventiven Restrukturierungsverfahren nicht beeinträchtigt werden    
  • So sollen in die Richtlinie Bestimmungen über die Pflichten der Unternehmensleitung über die angemessene Berücksichtigung der Interessen der Gläubiger, anderer Interessensträger und Anteilseigner sowie zur Vermeidung von Insolvenzen und Pflichtverletzungen aufgenommen werden.
  • In „einigen wenigen“ Fällen soll zur Unterstützung des Schuldners und des Gläubigers die Bestellung eines Restrukturierungsverwalters erforderlich sein, beispielsweise, falls zur Annahme eines Restrukturierungsplans ein klassenübergreifender Cram-down erforderlich ist, wenn der Schuldner die Bestellung anfordert oder wenn die Justizbehörden dies im Falle einer allgemeinen Aussetzung einzelner Vollstreckungsmaßnahmen beschließen.

Nach demnächst erfolgender förmlicher Annahme und Veröffentlichung im Amtsblatt haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die neuen Vorschriften in nationales Recht umzusetzen. Da die konkrete Ausgestaltung des präventiven Restrukturierungsrahmens weitgehend den Mitgliedern überlassen werden soll, ist allerdings noch nicht absehbar, wie sich dieses neue Konzept in das deutsche Rechtssystem einfügen wird. Der Gesetzgeber scheint – wie aus den „üblichen gut informierten Kreisen“ zu hören ist – allerdings bereits an einem Vorschlag für die Umsetzung zu arbeiten, in den auch die Erkenntnisse aus der Evaluation des ESUG einfließen sollen (s. dazu näher hier und Beissenhirtz, ZInsO 2019, 180). Man darf gespannt sein, was hinter dem Vorhang zum Vorschein kommt…

EU Kommission „Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates für eine Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie 2012/30/EU“, COM(2016) 723 final vom 22.11.2016;

Council of the European Union, “General Approach, Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on preventive restructuring frameworks, et al.”

Rat der Europäischen Union, Pressemitteilung vom 19.12.2018, „EU vereinbart neue Regeln für Unternehmensinsolvenzen“

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